Am 24. April 2017 brachte ein Bus der Linie 194 von der EVAG 20 Senioren und Seniorinnen unseres Turnerbundes zu einer Besichtigung der Zeche Bonifacius, an der Grenze zu Gelsenkirchen gelegen. Als wir ausstiegen, pfiff uns ein kalter Wind um die Ohren und wir suchten im Hotel „Alte Lohnhalle“ auf dem ehemaligen Zechengelände einen Ort zum Aufwärmen. Dort begrüßte uns auch unsere Führerin Frau Jutta Kaiser und begann sogleich mit der Außenführung der Bergwerksanlage.
An alten Lageplänen zeigte und erklärte sie uns die von der Ruhr bis ins nördliche Ruhrgebiet immer tiefer liegenden Kohlelager in der Erde. Schachtbohrungen bis an die Kohleflöze und Fördermöglichkeiten für die abgebaute Kohle bis ans Tageslicht waren unumgänglich.
„1847“, so fuhr Frau Kaiser fort, „ wurde die Köln – Mindener – Eisenbahnlinie eröffnet.“ Sie bot eine gute Möglichkeit für den Abtransport der geförderten Kohle. Diese günstige Verkehrsanbindung war auch ein Grund für die Auswahl des Standortes Katernberg für die Steinkohlebergwerke. So auch für die Zeche Bonifacius.
1858 wurde mit dem Abteufen (Bau) von Schacht 1 begonnen. Ein Malakowturm, nach der russischen Befestigungsanlage vor Sewastopol benannt, wurde über dem Schacht errichtet.Seine massive Bauweise, aus 3 m dicken und mit Eisenstreben verstärkten Wänden , konnte die schweren Seilscheiben für die Beförderung von Abraum und Kohle halten.
„Wann begann man denn mit der Kohleförderung?“ wollte Uta wissen. Frau Kaisers Antwort kam ohne Zögern. “1861 ging Schacht 1 bei 90 m Tiefe an der 1. Sohle in Betrieb.“ Innerhalb von 7 Jahren war man schon bei 218 m Tiefe (3.Sohle) angelangt. Zwei Jahre später förderten ca. 600 Beschäftigte 188 000 t Kohle.
Im Lauf der Entwicklung der Zeche Bonifacius gab es mehrere Wechsel in der Verwaltung. Unglücksfälle mussten aufgearbeitet und Kriegsgeschehnisse bewältigt werden. Alle diese Ereignisse zeigten ein Auf und Ab in der Leistungsfähigkeit der Zeche Bonifacius. Ein Wiederaufbau bescherte der Zeche einen modernen Ausbau. Schacht 1 erhielt ein eisernes Fördergerüst und elektrische Fördermaschinen. So konnten mehr als 1 Mio t Kohle bei ca. 26oo Beschäftigten gefördert werden.
Notwendige Mannschaftskauen und Büroräume, die Lohnhalle, Maschinenräume, wurden eingerichtet und gaben mit ausschmückenden Fliesen und Bogengewölben eine besondere Atmosphäre.
Frau Kaiser führte uns bei bei ihrem Rundgang auch auf den Förderturm. Wegen der Kälte und aus gesundheitlichen Gründen stiegen nicht alle von uns hinauf. Sie verpassten die herrlichen Ausblicke auf die inzwischen wieder begrünte Industrielandschaft. „ Der Blick auf Zollverein war fantastisch,“ begeisterte sich Freya, „ da habt ihr was verpasst!“
Weiter in der Geschichte der Zeche Bonifacius ging es dann 1957/58 , wie bei vielen Steinkohlebergwerken, mit dem Kohleabsatz bergab. Heizöl und Erdgas traten mit Macht auf den Markt und sorgten während der Kohlekrise für das sog. Zechensterben. Bonifacius war erst spät davon betroffen, denn die Zeche förderte ziemlich fette Kohle. In zwischen , 1965, war man bei ca. 990 m Tiefe angelangt und 2400 Beschäftigte förderten 1 128 000 t Kohle.
Ein Zusammenschluss mit Zeche Holland sorgte auch noch fürs Überleben. Die Kohle wurde auf Bonifacius abgebaut, unter Tage zur Zeche Holland transportiert und dort ans Tageslicht gefördert. 1974 wurden auch Bonifacius und Holland stillgelegt. Abgebaute Kohle wurde unter Tage zur Zeche Zollverein gebracht. 1984 nach 133 Jahren gab die Zeche Bonifacius mit ihrer letzten Seilfahrt auf.
Einige der Betriebsgebäude der ehemaligen Zeche sind noch erhalten. 1988 wurde die Anlage unter Denkmalschutz gestellt.Sie soll der Öffentlichkeit Zugang gewähren und Einblick in die Geschichte des Steinkohlebergbaus möglich machen. Klare Zeichen sind noch der Förderturm und die alte Lohnhalle, die, wie zur damaligen Bauzeit typisch, eine neogotische Fassade und ein kathedralenartiges Inneres aufweist.
Heute beherbergt die alte Lohnhalle ein Tagungshotel und bietet Raum für kulturelle Veranstaltungen. Ihr gegenüber lädt heute auf dem Innenhof der einstigen Schachtanlage im Sommer ein Biergarten zum Verweilen und Erfrischen ein.Dazu schließt sich in der ehemaligen Elektrohalle ein Restaurant an. Das alte Kauengebäude wurde in eine Sportanlage umgebaut.
Außer der kulturellen und gastronomischen Nutzung gehört auch die gewerbliche.
In der einstigen Turbinenhalle hat sich vor 20 Jahren schon ein Weinhandel unter dem Namen „ Weinzeche“ niedergelassen. Obwohl uns der EVAG- Bus direkt nach Haarzopf zurückbringt, nimmt keiner von uns einen Weinprobenschluck. Dafür bewundern wir das enorme weltweite Angebot. Nur Rainer nimmt seiner Frau eine Flasche des guten Tröpfchens mit. Natürlich darf er zu Hause seiner Frau beim Genießen behilflich sein.
Unser Dank gilt Frau Kaiser, die uns in in fundierter,umfassender Weise und auf interessante Art die Information von Geschichte,Arbeitswelt und heutiger Nutzung an uns herangetragen hat. “Wieder eine tolle Veranstaltung “ ,so die Meinung unserer Teilnehmer. Frau Kaiser hat auch noch Vorschläge für weitere Unternehmungen..Danke!
Text: Hella Hinsel – Fotos: Brigitte Nötzel und Rainer Höger